Ich hab geträumt, ich wäre Ochsen- schwanzsuppe essen mit meinem Webmaster E. Smith

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huck notes

Gut, es gibt so Lebensmittel. Ravioli zum Beispiel. Als ich mein Elternhaus in die erste Alleinwohnung verlassen habe, war da ein Mikrowellenherd in dieser Wohnung verbaut. Mein erster Mikrowellenherd. Da ich zwischen einem Buch- und Schallplattenantiquariat und dem Lebensmitteldiscounter „Plus“ wohnte und darüberhinaus um wenig Penunzen verfügte, kaufte ich, statt, wie es korrekt gewesen wäre, im Bioladen mit der unfreundlichen Inhaberin, lieber Dinge bei Plus, die ich in der Mikrowelle mit Käse überbackte. Man kann quasi alles mit Käse überbacken. Man kann auch ein rohes Ei mal in der Mikrowelle erhitzen. Man kann auch zwei Stunden lang eine gelb-weiße Schicht aus Ei aus der Mikrowelle putzen. Ich war mal auf einer Party, auf der ich interessierten, jedoch ahnungslosen hungrigen Menschen Hundefutter mit Zwiebeln und Pilzen in der Pfanne gebraten anbot, welches sie hastig verschlangen und mich anschließend verprügeln wollten, was sie sicher auch getan hätten, wenn nicht just in diesem Moment ein, dem Gastgeber unbekannter und uneingeladener Gast in dessen Mikrowelle den Hamster seines kleinen Bruders zum Platzen gebracht hatte. Ich bin dann nach Hause gegangen.

Zuhause beschäftigte ich mich dann wieder mit dem Überbacken von Dingen in der Mikrowelle. Man kann Gemüse-Ravioli mit Käse überbacken, Käsetoast kann man mit Käse überbacken. Spiegelei ebenso. Altes Brot geht auch gut. Chips, Flips, Erdnüsse, Blumenkohl, sogar Lebkuchen und Marmeladenbrot geht. Knäckebrot mit Magarine und Fondor ist auch toll. Man kann quasi alles mit Käse überbacken. Ich war damals so eine Art Vegetarier, also blieb mir das Überbacken von Tieren ebenso verwehrt, wie das Erhitzen derselben in diesem Wundergerät. Und das war auch gut so. Wie gerne hätte ich mal eine Scheibe ungarische Salami mit Käse überbacken. Ich stellte mir dann immer vor, wie das Fett der Salami schmelzen und der geschmolzene Käse die dadurch entstandenen Löcher auffüllen würde. Mir läuft heute noch das Wasser im Mund zusammen.

Ich war ein miserabler Vegetarier. Kein Mensch machte sich damals z.B. über Gelatine in Gummibärchen oder im Pudding Gedanken. Oder Lab. Eines Tages, nach fünf Jahren zähem Vegetariertum, ich drückte mir die Nase an der Fensterscheibe einer Pizzeria platt, da entschied ich mich „mir mal eine Ausnahme“ zu gewähren und bestellte mir eine Pizza mit doppelter Portion Peperoniwurst. Es war leider toll und so ernährte ich mich die nächsten zwei Wochen gierig und ausschließlich von Fleisch. Die Mikrowelle war inzwischen jedoch implodiert. So lernte ich allmählich die Dinge im Backofen zu überbacken und stellte nach einigen Monaten fest, dass das sogar noch viel besser war, als in der Mikrowelle. Ich überbug also weiterhin alles, wirklich alles, mit Käse und es dauerte nicht lange, da wagte ich mich an die Krönung aller überbackenene Gerichte heran: Ochsenschwanzsuppe mit Käse überbacken. Ich hatte das Gefühl angekommen zu sein. Endlich machte das Leben einen Sinn und die Brandblasen baumelten mir vom Gaumen, dass es nur so eine Freude war. Es war die schönste Zeit meines ganzen erbärmlichen Lebens.

Heute denke ich nur selten an diese schöne Zeit am Ende der Achtziger Jahre zurück. Und mit Einzug der neunziger Jahre war diese Zeit auch vorüber. Die Mauer fiel, die vielen ostdeutschen Brüder und Schwestern machten sich über die bundesdeutschen Schmelzkäsevorräte her, die Preise für Schmelzkäse explodierten und schon bald war an ein Überbacken von Dinge oder gar Ochsenschwanzsuppe nicht mehr zu denken. Ich legte mir andere Hobbies zu, lernte andere, neue  „Menschen“ kennen, zog nach Berlin, ließ mir die Haare wachsen, kaufte mir ein Fahrrad, zog mehrfach um, kaufte mir ein Farbfernsehgerät, zog in ein Dorf namens Sörgenloch und schon bald hatte ich die überbackene Ochsenschwanzsuppe vergessen.

Bis heute.

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