Das Internet

Kommentare 25
huck notes

stijlroyal-blogroyal-engelhardt

Jetzt war ich die letzten Tage bei meinem alten Mentor P.E., einem 65-jährigen Designer, ich sollte und wollte ihm das Internet erklären. Also fuhr ich zu ihm um dort an einem uralten Mac mit uraltem Betriebsystem auf Safari und mit einer Maus ohne Scrollrad (So haben wir es bei Apple ja gelernt) (Es hat mich wahnsinnig gemacht mit dem Zeigefinger auf der Stelle der Maus herumzureiben, an der sich bei meiner Maus die Scrollsensorik befindet) und auf einem Stuhl für Zwerge, in die Geheimnisse des Internets einzuweihen. Denn um nichts geringeres geht es. Und wie soll ich da anfangen? Ich habe mich entschlossen ihm Facebook zu erklären, habe ihn über die Gefahren von Datenschlonz und Uneigentum aufgeklärt und seinen Account eröffnet. Er stocherte dann unbeholfen mit dem Cursor auf seiner FB-Seite herum und mir kam der Gedanke, dass man das alles schon ganz lange machen muss, um dieses Gefühl für das alles zu bekommen und das dass alles für mich so eine Selbstverständlichkeit ist, dass ich nur noch auf Metaebenen und anhand von hölzernen Beispielen irgendwie verständlich machen kann, was wir da eigentlich machen, im Internet. Also erstmal Freunde auf Facebook finde. Vorher diskutieren, was der Begriff Freunde überhaupt ist. „Jaaa!“ sage ich, „das ist jetzt doch auch irrelevant, das nennen die bei Facebook halt so.“ Und sich dann fragen lassen, warum wir das so hinnehmen, dass wir uns diesen außerordentlich, tiefselig vermummelten Begriff von einem Nerd aus Amerika so verplundert und inhaltslos gemacht haben lassen. Ich hatte keine Antwort. Also „Freunde“ finden. Seine (richtigen) Freunde sind nicht so bei Facebook, aber ein paar meiner Freunde, die ihn auch kennen, mit denen befreundete ich ihn. Zwangsbefreundung. „Damit Du auch mal ein paar Freunde hast.“ So und jetzt Inhalte abliefern. P.E. ist Sammler von Dingen. Er hat eine ganz Lagerhalle voll mit Alltagskultur, Design aus allen Jahrzehnten, Zeitungen, Bücher (Ja Kinder, bedruckter toter Baum), Lampen, Dinge, Zeug  en masse, es sind Unmengen. Unmengen. Und wenn P.E. des abends auf der Couch sitzt, dann sucht er sich zur Erbauung eine Zeitschrift aus den 60er Jahren aus und geht darin auf. Gutes Editorial Design und kluge Inhalte, gute Reportagen, ausgemachter, gut bebildeter Schmonz, journalistische Bonbons, Interviews mit John Lennon und Miles Davis und Werner Bunz…

Doch zurück zu Facebook.

Ich frage mich, wie ich ihm das am Besten begreiflich mache. Dann fragt er: „Was ist eigentich mit Twitter?“ Noch nicht einmal, „Was ist eigentlich mit diesem Twitter“. Es ist also ernst. Ich erkläre Twitter. Meine Hände werden heiß, die Augen feucht. Die Armlehnen drücken in die Flanken und ich habe viele Flanken. Da wird mir klar, dass wir, die wir schon seit einigen Jahren in diesem sozialen Netz herumzappeln, schon längst in einer abseitigen kaum erklärbaren Welt, kaum erklärbare Statements, zu kaum erklärbaren Phänomenen absondern. Was sagt man da denn jetzt? Wo fängt man an? An wem orientiert man sich? Legt man sich einen pseudoverdrieslichen Ulknudelaccount zu und beschimpft die Folgschaft mit dem Plan mal ganz groß rauszukommen oder twittert man nichtssagendes, selbstreferenzielles Dampfgeplaudere z.B. über ein Klavier, das in zu trockener Raumluft Gefahr läuft zu bersten? Oder hier, das Phänomen auf Twitter zu sein, jeden Tag stundenlang dort abzuhängen und aber die Follower mit Verachtung strafen, weil sie eben dies auch tun? Soll ich ihm dazu raten? Ist es das? Müsste man nicht gezielt stundenlang ausgefeilte, unbedingt originelle Dinge schreiben, die dann auf Favstar Anklang finden? Wem soll man folgen? Altherrenbloggern? Feministinnen? Sascha Lobo? Oder einem Typen, der sich Regendelfin nennt (frag nicht)? Leutem, die in Beziehungsstresssimulationstweets machen? Welchen, die sich mit sich selbst unterhalten („Ach was, das gibts auch?“ „Ich schwör Dir…“) ? Frustrierten Singles mit Hang zum Funalkoholismus? Linkschleudern? Leuten, die „Followerpower“ schreiben? Man könnte @Kosmar folgen, der hat Ahnung. Aber was kann ein Internetneuling damit anfangen? Wie kann P.E. dort seinen Teil finden, der gar nicht die Absicht hat, den Rest seines Lebens in ironischem Dauerduktus und mit sarkastischen Randbemerkungen eine Welt zu verunglimpfen, die ihm doch eigentlich so lieb und teuer ist. Druckerzeugnisse, Verbindlichkeit, Weihnachten, Menschen, Haptik, alles Dinge die schon in Millionen Tweets durch den Kakao gezogen wurden, was soll ich jemandem raten, wo kann man da ansetzen?

Facebook und Twitter sind nicht das Internet. Aber hier wäre mal ein Ansatz, so dachte ich, aber da ist kein Ansatz. Facebook tut zwar nicht weh, ein paar Bekanntschaften zu knüpfen, alte aufleben zu lassen, Interessengebiete zu erweitern, mal schauen was andere Gleichgesinnte so erzählen. Das kann man nebenher mal überprüfen. Das machen wir ja so nebenbei mit unseren Devices. Aber P.E. geht dazu in einem Raum in dem sein Power Mac G5 (FW800) 1,0 dual 1,42 GHz mit 250MB RAM steht, er schaltet den Computer ein, dann das Internet, dann öffnet er den Browser, dann loggt er sich dort ein, es folgen Prozesse, die mir vollkommen aus dem Gedächtnis entrückt sind und die an das Quietschen und Pfeifen alter Modems erinnern. Dann ist er drin. Da hätten wir ADHS-geschädigten Mongos längst die Flucht ergriffen. Es erfordert einerseits Geduld, die wir ja alle so gerne hätten, aber zum anderen empfinde ich es als auch nicht sachgemäß einen mittelgroßen Aufwand zu betreiben um die, meiner Meinung nach, relevaten Kommunikationskanäle (die für jeden andere sein mögen) in Verwendung zu. Um das Internet schmerzfrei und sinnvoll zu verwenden muss der Zugang und die Nutzung einer gewissen Sebstverständlichkeit und Unbekümmertheit unterliegen. Dazu kommt die unbedingt notwendige Filter-Souverinität und ein, zwei, drei Gedanken zu Privacy und Allgemeinen Nutzungsbedingungen und das Gefühl wo man klicken muss, wo man suchen muss, wie man suchen muss, welche Worte und Gedanken relevante Suchbegriffe ergeben, wem ich vertrauen kann, wer ein Arschloch ist, wo die doofen sitzen und wer Bernd auf Krautchan ist. WIE UM ALLES IN DER WELT SOLL ICH DAS ERKLÄREN? Wie soll ich das Wesen von Blogs erklären? Johnny Häusler hatte da heute einen guten Gedanken, ich sehe das im Grunde ähnlich bis genau so. Also erkläre ich P.E. Blogs. Er soll auch ein Blog aufmachen. Es ist ganz einfach. Thema: 50er-, 60er-, 70er-Jahre-Design, Typografie, Editorial Design, Bücher, Blechspielzeug, Eames Chairs, Verner Panton, etc. Schreib einfach los. Gut, es liest erstmal keiner und bitte keine Bilder aus dem Internet verwenden. Was Creative Commons und was „Marions Kochbuch“ ist, erkläre ich Dir nächste Woche. Du musst andere Blogs verlinken. Dabei darfst Du die Blogbetreiber aber auf gar keinen Fall ansprechen und Begriffe wie „Linktausch“ verwenden, denn das führt zu kübelweise Häme und Spott und Du bist unten durch. Bei, Thema „Bücher“ wäre ich vorsichtig, denn die gelten als altmodisch und werden von denen die es besser wissen als „tote Bäume“ deklariert. Braucht man also in diesem Internet nicht mit zu kommen, außer… jaaahaa… außer man schreibt ein Buch und das habe ich vergessen zu sagen, Du musst zwar über die Altmode Buch lästern, aber Du musst auf jeden Fall auch eins schreiben, egal was für ein unmotivierter, abstruser Shit dann da drin steht. Aber dazu später. Wenn Du also mehre Stunden damit verbracht hast einen einigermaßen vernünftigen Blogeintrag zu verfassen, dann musst Du natürlich damit rechnen, dass den keiner liest und selbstverständlich auch niemand kommentiert. Den Beitrag bei Twitter posten bringt nichts, Du hast ja keine Follower, denn Du bist ja nicht witzig. Die Leute auf Facebook lesen keine Blogs, das dauert denen zu lang. Du könntest bei anderen Blogs kommentieren und wenn Du das jahrelang machst und irgendwie der Eindruck entsteht, dass Du irgendwie auch cool bist, dann vielleicht, aber eigentlich auch nicht, denn Du bist ja nicht schon seit August 2002 dabei. Das ist Bloggen, lieber alter Freund. So sieht das aus. Aber ich kann Dir das Internet dringend empfehlen.

o_O

Dann fiel mir ein, man könnte jemanden, der was über das Internet lernen will, ja mal zur re:publica einladen. Ist die re:publica nicht dazu da, irgendwie das Internet zu erklären? Hahaha. Ich hab natürlich Spaß gemacht. Die Grenzen zwischen den jeweils sogenannten On- und Offlinern sind nicht offener geworden. Wenn gerade mal eine Internetplattform vom Mainstream erobert und ein bisschen verstanden wird, wird diese zur Platforma non grata erklärt und intern wartet man auf die nächste Sau, die durchs Dorf getrieben werden kann, die anderen machen Pinterest und Instagram. Die Flora Arroganzia wächst und gedeiht und die Vorurteile auf beiden Seiten sind die gleichen, wie vor drei Monaten oder zwei Jahren.

Man wird es mit Erklärungen und Meinungen nicht deutlich machen können. Es geht nur, wenn man sich einfach jahrelang darauf einlässt und Teil des Internets wird und sich dabei vielleicht auch ein bisschen aufgibt. Es ist nur noch im Ganzen zu begreifen und mir fällt es immer schwerer zu erklären, was wir da eigentlich machen. Ob das jedem Internetfuzzie so klar ist? Wie schwer es ist einfach da einzusteigen. Die Benutzung eines Trackpads verlangt schon einiges Geschick ab. Oder den  Cursor ziel- und fachgerecht auf einen Link zu setzen und nur einmal zu klicken, das muss man erstmal können. Wir machen uns da ja auch überhaupt keine Vorstellungen mehr, aber unsere lieb gewonnenen Selbstverständlichkeiten sind anderorts monströs.

Nachtrag: Link zum Beitrag von Sascha Lobos auf der re:publica 2012. Für die 2,5 Menschen die ihn noch nicht gesehen haben.

 

25 Kommentare

  1. Was, wenn die Alteingesessenen dieses Internet auch nicht begreifen und es für die Mehrheit der Menschen einfach nur verschiedene Kommunikationskanäle sind auf denen sie ihr Ding machen? Jeder anders. Jeder wie er denkt.

  2. Pingback: Woanders – die letzte Ausgabe in 2012 mit den Animals, den Doors, vorgelesenen Geschichten, Fiete dem Seemann und anderem | Herzdamengeschichten

  3. Besonders der Absatz zum Thema Blogs ist in seinem Sarkasmus richtig und traurig. Der Aufschrei von Johnny, die Rede von Lobo bei der rp12 – das kommt mir immer mehr vor wie der Totengesang des „Blogs“.

    Was interessant wäre: wenn der Login-Prozess so kompliziert und langwierig wie bei PE wäre, würden wir Facebook und Twitter dann nutzen? Ist es uns überhaupt wichtig genug? Oder ist es nicht ausschließlich die Bequemlichkeit, die den Diensten den Erfolg garantiert?

  4. @rjonathan Oh, lieber rjonathan, da hast Du etwas falsch verstanden. Da ist keine Spur von Sarkasmus. Ich empfand sowohl die Rede von Sascha Lobo auf der rp12, als auch den Blogpost von Johnny Häusler als inspirierend. Ich sehe das genauso. Eigene Inhalte auf eigenen Plattformen.

    Hier ging es nur um meine Minikapitulation vor dem Erklärberg, der sich mir auftat und ich mir die Frage gestattete, ob das nicht vielleicht alles zu kompliziert ist, weil es so viele Mechaniken, Techniken, Regeln und Voraussetzungen gibt, die ich zumindest gar nicht mehr als solche wahrnehme und die mir aber im beschriebenen Prozess das Internet (und in diesem Zuge auch Twitter, Facebook und die Blogs) zu erklären, plötzlich schwer überwindbar erschienen.

    • Sarkastisch war wohl das falsche Wort. Im Endeffekt steht da, dass sich ein Blog eigentlich nicht lohnt. Ich bin ja auch absolut bei Johnny und ich würde mir wünschen dass es besser läuft für alle. Aber deine Erklärberg-Abarbeitung spricht auf der anderen Seite Bände, wie schwer so ein Blog eigentlich errnsthaft zu betreiben ist.
      Dann ist es doch kein Wunder, dass die Leute lieber tumblrn oder einfach witzige Seiten auf Facebook betreiben. Wenn man es so sieht, sind die Apelle leider nur durchhalte-Parolen. Ich empfehle auch den Rant von DonDahlmann auf seinem FAZ-Blog. Bin grad mobil und kann den nicht so gut raussuchen.

  5. Pingback: Meine Mutter … | Pro2koll.

  6. Was du ihm erzählt hast ist nicht „das Internet“ sondern „soziale Medien“. Und was soll ein soziales Medium, wenn derjenige keine sozialen Kontakte dort hat? Facebook ohne Freunde ist so sinnvoll wie Twitter ohne Leute denen man folgt oder die einem folgen ist so sinnvoll wie Blogs ohne Leser ist so sinnvoll wie ein Zug ohne Schienen.

    Wenn du ihm „das Internet“ beibringen willst, dann zeig demjenigen ein paar Seiten, bei denen man einfach nur stöbern kann und dann vll auf Leute trifft, mit denen man sich dann tiefergehender verständigen kann. So wie du das Pferd aufzäumst wird das nichts.

    • Der Clou, ich war ja dabei, als ich ihm das erzählt habe. Hervorgehoben habe ich hier nur Twitter, Facebook und die Blogs, aber es geht ganz klar darum, dass man nicht nur den Sinn des Internets erklären muss, sondern die vielen Dinge die oft mit der Usability, der Technologie und schlicht und ergreifend in der Tatsache zu tun haben, dass ich deutlich machen muss, dass man einen Link im Internet nur einmal anklickt, Programm-Icons aber zweimal. Wir befinden uns also in einem Verständniszeitalter noch vor der Erfindung des Faustkeils. Und das soll keines Falls herablassend angemerkt sein, das ist die Realität, da muss der Hebel angesetzt werden. Manchmal.

  7. Wunderbarer Text. So gut wurde mir das Internet schon lange nicht mehr erklärt. Es scheint offenbar grundsätzlich zu helfen, drei Schritt zurückzutreten und die Dinge durch den Fokus von jemandem anzugucken, der keine Ahnung davon hat. Erst dann merkt man, wie abstrus vieles von diesem Zeug eigentlich ist und wie normal es nur deswegen scheint, weil wir das alle schon so lange machen und wegen nichts anderem.

  8. Michael sagt

    Ach nein, bitte. Nur weil das Jahr um ist und alle den blues schieben. Das ist mir alles viel zu kritisch im Moment.
    Ihr Twitter-Bewohner und Facebook-Gutfinder macht bitte schön weiter so wie bisher. Schreibt eure wahnsinnig geistreichen Tweeds, teilt eure wahnsinnig tollen Links bei Facebook und meinetwegen schreibt im nächsten Jahr noch wieder mehr Zeugs in eure Blogs. Hyped irgendwelche Plattformen und verteufelt sie dann. Findet meinetwegen auch Texte wie diesen toll. Dann seid ihr wenigstens unter Kontrolle.
    Wenn ich das schon lese grad überall… Hört auf, selbstkritisch zu sein. Eure Welt verträgt das nicht. Und jetzt alle: Wir sind relevant. Wir sind relevant. Wir sind relevant.

  9. westernworld sagt

    meine urgroßmutter war teil des landproletariats und weigerte sich in ein auto einzusteigen meine mutter ist vom handy und ihrem fernseher überfordert und ich werde wahrscheinlich konzeptionell am quantencomputing scheitern und leute wie sie werden die heute 15jährigen hoffentlich auf einem scheiterhaufen verbrennen.

    irgendwann ist die eigene zeit vorbei und wenn man sich keine mühe gegeben hat versteht man die welt nicht mehr.
    p.e. ist zurecht in der digitalen verbannung und vereinsammung. soll er da verrecken.

    • Er soll verrecken, weil ich das hier geschrieben habe??? Schon mal zwei Sekunden nachgedacht? Er hat sich übrigens auch gar nicht beschwert. Und ich wäre sehr froh, wenn er noch lange nicht verrecken würde.

  10. Pingback: Stardust lyrics » Post Topic » Das Internetdings oder muss man den Fernseher an lassen wenn man eine Sendung auf dem Videorecorder aufnimmt?

  11. Pingback: zeitnah

  12. HPMerz sagt

    Nunja. P.E. Ist gerade mal 65 Jahre alt. Als das Internet massentauglich wurde war er ein MitteEndVierziger. Hatte also alle Chancen, sich drum zu kuemmern. Scheint ja auch keine ganz bildungsferne Schicht zu sein. Wird schwierig jetzt. Baby, maybe it is too late now. Ausser PE will das wirklich ganz arg wissen, was es mit dem Internet auf sich hat. Dann muss er sich da halt selber und aktiv reinwuehlen. Das wird schon, ganz bestimmt ;-)

  13. Pingback: Wochenrückblick KW51/2012 » koblow.com

  14. Pingback: Angepintes | 343max

  15. Pingback: Ist Instagram besser als Twitter? | Sashs Blog

  16. Seegal Galguntijak sagt

    Ich muss ja sagen, dass ich froh bin, mich diesen sozialen Medien wie Facebook, Twitter, Instagram & Co. trotz fünfzehnjähriger „Internet-Zugehörigkeit“ erfolgreich verweigert zu haben.
    Es leidet nicht nur die Aufmerksamkeitsspanne darunter, sondern „Inhalte“ werden zunehmend beliebig, und dementsprechend irrelevant. Was PE der social-media-Gesellschaft voraus hat ist: Er kann noch Dinge mit Bedacht tun. Das haben viele heute (ich selbst zum Teil auch) in der typischen „fire&forget-Mentalität“ verlernt, und das kann wirklich zu unserem Verhängnis werden.
    Einerseits wird immer mehr hochspezialisiert, aber zugleich wird das Allgemeinwissen auf Beliebigkeiten des Niveaus von „for the Lulz“ herunterkastriert. Von Bildung kann da dann keine Rede mehr sein, ich würde eher sagen, diese sozialen Medien bewirken weitestgehend das Gegenteil davon, sie „entbilden“, um nicht zu sagen „verblöden“ (was wohl auch übertrieben wäre).

    Daher würde ich einem Menschen wie PE eher die Grundzüge des Internets erklären. Den Unterschied zwischen einem Programmfenster und einer Website. Was ist ein E-Mail-Client, und den Unterschied zu Skype im Gegenzug. Fragen, wofür der Mensch das Netz wirklich nutzen will – und dann darauf eingehen. Natürlich können dann Kommunikationsdienste wie Twitter bei Bedarf auch dazu gehören, aber das ist meiner Erfahrung nach eher selten der Fall. Wichtig ist, zu erklären, dass man, wenn man Inhalt produzieren will, es ebenso schwer hat, dafür anerkannt oder bekannt zu werden, wie in den Zeiten vor dem Netz. Musste man früher einen Verleger oder eine Zeitschrift finden, welche den eigenen Inhalt druckten, so kann man zwar heute alles veröffentlichen – aber der Reputationsbonus der Plattform, auf der man die selbst geschaffenen Inhalte veröffentlicht, ist zugleich nicht vorhanden, d.h. heute muss man Rezipienten finden. Und das in einem Umfeld, was von der Konkurrenzsituation her dem viel beschworenen Haifischbecken gleicht. Das heißt, entweder, man gräbt sich wirklich in diese Arbeit ein, oder man wird unerkannt/unbekannt bleiben. Die zweite Möglichkeit ist das Rezpipentendasein, in vielen Fällen weitaus einfacher muss man doch lediglich die untereinander konkurrierenden Buhler um die eigene Aufmerksamkeit abwehren, bzw. deren Relevanz für das eigene Interesse schnell einzuschätzen wissen.

    Ich bin 32 Jahre alt, und wie gesagt seit 15 Jahren online. Aber bei vielem, was heute so im Netz geschieht, ist mir einfach bereits die Lust und das Interesse vergangen – es ist einfach alles zu beliebig, und nur noch selten findet man etwas „wahrhaftiges“, wo nicht eine beinahe allumfassende „Scheißegal-Haltung“ dahinter steht. Zumindest ist das meine Erfahrung.

    Ich hoffe PE liest diesen Kommentar (sofern die Fähigkeiten der web-Bedienung dazu ausreichen), ich würde mich über seine Gedanken dazu jedenfalls freuen, falls es für mich eine Möglichkeit gibt, hier Kommentare zu abonnieren (Ist dieser Haken hier in diesem Blog etwa auch schon der überall – in GUIs wie auf Webseiten – grassierenden Entfernung von Wahlmöglichkeiten, und damit einher gehenden Entmündigung der Nutzer, zum Opfer gefallen?)

    • Huck sagt

      Ein schöner, tatsächlich bemühter Kommentar, der aber auch zeigt, wie man durch Fehlinterpretation und Schubladisierung diesen Blogpost völlig missverstehen kann. Es ging, um nur einen Punkt auszuräumen, niemals darum, dass PE irgendetwas nicht versteht, ihm irgendwas erklärt werden muss, weil er vielleicht auf eine nostalgisch, putzige Altherrenart die gegenwärtigen Sachverhalte nicht versteht und man ihn deswegen wahlweise bedauern oder beglückwunschen muss. Ebenso wie ich unschlüssig bin, ob ich Totalverweigerern des Socialwebs jetzt bewundernd auf die Schulter klopfen oder mich mitleidig von ihnen abwenden sollte. Für mein Leben ist es eine Bereicherung, ich kann filtern und ich habe ebenso auch noch ein erfülltes Leben in der analogen, ach glorreichen Bratwurstmatrix. Wir kommen schon zurecht.

  17. Pingback: Aktuelles 3. Januar 2013 — neunetz.com

  18. Pingback: 52/2012 bis 1/2013 – Webgedöns | Ach komm, geh wech!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert