Ich soll meine Geschichte teilen, sagt die WordPress-App. Ich soll abnehmen. Ich soll mich nicht aufregen. Ich soll dem Buddhismus beitreten. Ich soll mal wieder was twittern. Ich soll mir was merken. Ich soll zuhören. Ich soll diesen Akkord lernen und dann den anderen. Ich soll auch mal ein Auge zudrücken. Ich soll mal nach dem Mail-Programm kukken. Ich soll „es“ nicht so eng sehen.
Ich soll mal kurz halten. Ich soll es nicht immer sagen. Ich soll wählen gehen. Ich soll programmieren lernen. Ich soll meine Filterblase verlassen. Ich soll mir eine auffällige Frisur zulegen. Ich soll dieses Buch hier lesen. Ich soll Frank Zappa-Platten hören. Ich soll einfach in zwei Wochen nochmal anrufen. Ich soll endlich aufhören zu nerven. Ich soll mal zurückrufen. Ich soll mal kurz mein Auto wegfahren. Ich soll das mit der Telekom nochmal erzählen. Ich soll Trump nicht so ernst nehmen. Ich soll Trump ernster nehmen. Ich soll mich jetzt endlich entscheiden. Ich soll zugeben, dass ich mich geirrt habe. Ich soll doch mein Magazin einfach mal bei „do you read me?!“ in Berlin einreichen. Ich soll mal beim red dot award mitmachen. Ich soll den red dot award dann einfach nochmal gewinnen. Ich soll mich nicht so auf meinen Tinnitus konzentrieren. Ich soll mich mal konzentrieren. Ich soll mal kurz zuhören. Ich soll die Sabine nehmen, wie sie ist. Ich soll mal runterkommen. Ich soll mal kurz mit rauskommen. Ich soll mal die Heizung anmachen. Ich soll mal dran denken, dass wir noch Brot brauchen. Ich muss mich mal kratzen. Und zwar genau hier. Twitter habe ich aufgegeben. Das wollte ich schon 2010 machen, aber man kommt ja zu nichts. Wegen Twitter habe ich dieses Blog vernachlässigt, aber auch, weil mir nichts mehr einfällt. Ich habe ja schon so viel erzählt. Alles schon mal durchgedacht und wieder verworfen. Ach, denke ich, ich muss ja gar nichts. GAR NICHTS, denke ich und schreie mich innerlich selbst an. ICH MUSS GAR NICHTS ist so eine Irrglaube. Man muss so viel. Oft soll man es auch. Ich soll es auch. Nicht „man“ sagen, wenn ich mich meine. Nicht „man“ sagen, wenn ich die Frau meine. Nicht „man“ sagen, wenn ich die anderen meine. Ich habe lange genug… nein, ich habe noch lange nicht genug. Ich habe noch nichts lange genug gemacht. Ich werde dies und das auch morgen machen MÜSSEN, machen wollen, machen sollen. Ich bin nicht frei. Es gibt keine Freiheit. Was soll das sein? Wenn man zum Beispiel eine seltsame Nervenkrankheit hat, kann „man“ (also ich) sich (mich) nicht ausruhen. Es tut immer alles weh. Wenn man unglücklich verliebt ist (was ich nicht bin), kann man nicht einfach wegfahren, es ist immer da. In Moskau, in New York, sogar in Burkina Faso. Du bist nicht frei. Als ich gedacht habe, das mit dem Brexit machen die nie, ich kann ruhig ins Bett gehen… das mit dem Trump machen die nie, ich kann ruhig ins Bett gehen. Die Frau spielt „Moon River“ auf der Ukulele. Die Frau und ich sind heute neulich in die Partei eingetreten. Ich konnte nicht schlafen, da bin ich in die Partei eingetreten. Und dann habe ich eine Flasche Green Exitus Absinthe 89,9% Vol. gekauft. Man weiß ja nie. Danach habe ich auf Facebook sämtliche SPD-Seiten abonniert und dann habe ich mir geschworen, da nie die Kommentar-Threads zu lesen. Das hat nichts Politik zu tun, dass man das liest. My Huckleberry Friend. Ich liebe meine Frau. Mehr als mich selbst. Ich habe neulich ein Magazin erstellt. Ersonnen. Geschaffen. Gemacht. Gesagt – getan. Gewirkt. Erfunden. Man kann es hier kaufen: kein.shop. Ja, das ist ein Shop, auch wenn die URL www.kein.shop heißt. Der Dings hatte Recht, das rafft kein Mensch. Aber heute neulich hatte ich dann wieder Freude daran und habe eine zweite Ausgabe gemacht. Dazu bin ich durch den tristen Sommerberg gefahren. Mit dem Quad. Mein Quasi-Rollstuhl. Um dann festzustellen, dass Tristesse nichts weiter als Tristesse ist. Tristesse ist zu nichts Nutze und sieht scheiße aus. Ich kann das sagen, weil ich es weiß. Weil ich es erlebt habe. Weil ich durch 1000 Tristessen marschiert bin, bis ich hier in meiner Melancholie angekommen bin, in dieser fast wie borderlinigen Zwischendurchgefühlswelt.
Ich schwanke nicht, ich wanke. Ich weiß nicht, wann es gut ist. Ich weiß nicht, wann ich gehen soll, also gehe ich nicht mehr hin. Ich habe es aufgegeben Content zu produzieren. Nur noch das hier und dann bin ich leer. Ich kukke Chef’s Table auf Netflix. Ich glaube ich verehre Magnus Nilsson. Man müsste mal nach Fäviken Magasinet fahren, denke ich. Sage ich zur Frau. Sage ich nicht zur Frau. Denke ich nur, weil mir das Reden zu absonderlich erscheint an dieser Stelle. Ich schaue mir auf mobile.de einen T3 an. Soll ich einen T3 kaufen? Ich bin viel zu groß für einen T3. Oder doch? Ich hadere. Ich bestelle mir einen Amazon Echo Dot (2. Generation) in schwarz. Ich will, dass alle wissen, wann ich mir peinliche Lieblingslieder auf spotify anhöre. Ich will ALEXA schreien. Ich will, dass es gut ist. Ich will, dass morgen das iPad für die Küche kommt, auf dem ich mir dann Rezepte von Ana Ros anschauen kann. Dal Makhani blubbert im kleinen Topf. Bevor ich Ana Ros-Rezepte kochen kann, muss ich noch nachdenken. Ich muss viel nachdenken. Ich muss viel mehr nachdenken. Ich muss das noch lesen. Ich muss verstehen. Ich muss mir viel mehr Gedanken machen. Ich muss einen Podcast machen, nur mit Gelaber von mir und zwei Freunden. Nur mit Gelaber. Ich will kein Konzept mehr haben. Für nichts außerhalb der Bürowände. Letztes Jahr war komisch. Dieses Jahr sind schon zwei Freunde gestorben. Das hätte nicht sein müssen. Der eine am Suff, der andere am Herzen. Das hätte nicht sein müssen. Was hätte schon sein müssen?! Halt’s Maul. Existiert dieser Blogeintrag, wenn ich ihn nicht auf Twitter verlinke? Wem will ich das alles sagen? Wer soll denn das lesen? Lesen Sie das! Gefälligst. Präg Dir das ein, Du jetzt. In 5 Tagen ist Frühlingsanfang. Frühling ist Hoffnung. Es geht weiter. Es macht sich. Die Magnolien blühen, die Rehe kommen aus dem Wald. Die Raben sagen „Ja!“ zum Leben. Es wird wieder Zeit.