Modus Mio – Tag 124

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huck flash

Einhundertvierundzwanzig Tage ist es nun her, dass wir Corona ernst nahmen und unser Büro schlossen, um uns der Homeoffice-Bewegung anzuschließen. Ein guter Move im Rahmen einer scheiß Angelegenheit. Jetzt sind wir hier im Elsass. Damals™ (als man kein Klopapier, keine Nudeln und keine Hefe mehr kaufen konnte) wurde das Elsass zur Krisenregion ausgerufen. So schlimm wütete der Virus. Jetzt sieht man die Leute mit ihren Masken im Supermarkt und auf den Decks ihrer Penichettes mit Freunden Weißwein trinken, unmaskiert. Würde ich vielleicht auch machen, wenn ich nicht immer noch ein komisches Gefühl hätte und davon überzeugt wäre, dass die Sache immer noch ernst ist.

Wir sind hier unter uns, am Rhein-Marne-Kanal. Hier ist außer uns niemand. Die Sonne scheint tagsüber und in der Nacht nicht, denn wir sind ja nicht in Finnland. Wir sind unterwegs, haben heute morgen das Elektrodings in Karlsruhe abgeholt. Dann haben wir die Gundel auf einem seltsamen Stellplatz ohne alles, eigentlich einer Brache inmitten von Soufflenheim im Elsass, abgestellt und haben gearbeitet. Die liebe Frau hat eine aufregende Videokonferenz mit der Sozialdemokratischen Partei absolviert, während ich Bilder von Industriegebäuden im 3D-Grid gesucht habe. Stundenlang. Stundenlang. Weil ja der Kunde immer vorgeht. Man wäre ja, beruflich jedenfalls, nichts, wenn die Kunden nicht wären. Das muss man immer und immer wieder sagen. Seltsamerweise. Würde ich zu einem Kunden Sätze sagen wie „Wie stelle sie sich das denn vor?!“ oder „Bin ich ihne ihrn Hannebambel?“ dann dürfen Sie mich in den Genfer See schubsen. Mit einem Stein an den Füßen.

Der Ballermann von Niderviller: Massentourismus pur.

Jetzt ist Abend. Naja. Abend halt. Früher war Freitagabend das Ding. Weggehen, rausgehen. Einen trinken, Ramba Zamba. Aber ich hab das über. Ich kann nicht mehr. Und hier läuft OMR Podcast mit Fynn Kliemann und Jan Delay. Und Phlipp Westermeyer alleine schon sprechen zu hören, ist schon sehr viel auf einmal. Wahrscheinlich ist es seltsam, dass ich schnell redende Menschen so anstrengend finde, wo ich doch selbst so rede. Westermeyer und dann der King of ADHS Fynn Kliemann, mit 160 wpm … und dann schau ich raus auf die Marina und dann schau ich rein in mich und dann starre ich auf das Display des Macbooks und die Worte Ramba, Zamba, Kliemann, Westermeyer, Macbook sind rot unterwellt, weil das „System“ die Worte nicht kennt. Jan Delay kennt das System, also muss er Mainstream sein. Das würde ihm nicht gefallen. Jedenfalls macht mich das wahnsinnig, diese roten Wellenlinien unter diesen Worten. Und draußen schaukeln die Hausboote. Wenn ich jetzt in einen Club oder auf eine Party gehen müsste, würde ich schreiend davon laufen, Das ist schon gut so, hier, alleine mit der lieben Frau, so unter uns. Drüben, die Boote, der fast sich nicht bewegende Kanal und das Stakkato des Fynn Kliemann … das reicht komplett.

Gute Nacht!

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