Pfauentag – 019

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huck flash

Tag 19 von was?! Vom Leben? Die komplett überteuerte iPad-Tastatur ist noch nicht mal beleuchtet! – Das prangere ich an. Sie sehen, das sind RICHTIGE Probleme. Nun aber bin ich mal für heute Abend ins Pfauenhäuschen gezogen. Die Frau sitzt ca. 250 Meter Richtung Rhein in unserem Häuschen und wir facetimen und, nun ja, es ist ja nicht weit. Aber ich musste mal die Pfauenhäuschensaison eröffnen, denn man muss dem Frühling zuvor kommen.

Und nun versuche ich das hier auf dem iPad zu tippen, mittels der zweifelhaften WordPress-App. Das Blogbild erarbeite ich in Affinity Photo und da musste ich also zuvor die Schrift „Ultra“ auf dem iPad installieren, was ja überhaupt der totale Burner ist, dass das geht. Dass ich jede Schrift hier auf dem iPad installieren kann. Kann man sich dass vorstellen??!?! Das ist sagenhaft. Als ich festellte, dass das geht, da habe ich gedacht, das ist nach dem Rad, der Mondrakete, Waldmeisterbrause, dem Internet und dem elektrischen Parmsanhobel die größte Errungenschaft der Menschheit. Und nun sitze ich hier, und neben mir geht die Sonne unter und irgendwie muss ich mich schon sehr konzentrieren, um irgendwie die Dimensionen dieser Situation, in der wir gerade sind, zu begreifen. Dabei ist das Internet und das Fernsehprogramm voll damit. Die Dystopien vom Spiegel, der ja schon seit Jahr und Tag den Untergang der Wirtschaft prognostiziert, kann ich nicht mehr lesen. Was für Schlüsse soll ich daraus ziehen? Schreien? Preppern? Mich selbstentleiben? Keine Ahnung. Das sehen wir dann, wenn es soweit ist. Aber jetzt sitze ich hier und wir machen alles, was die Regierung vorschlägt. Ich halte das auch für logisch und ich glaube, wir machen das hier ganz gut.

Hier laufen in der Nacht schonmal Rehe, Waschbären, Hasen, Füchse, Äskulapnattern und Wildschweine vorbei. Bären nicht und Wölfe habe ich auch noch keine gesehen. Mäuse schon. Naja Mäuse. Als ich mal in meinem Häuschen in Nieder-Olm, wo ich mal aus unerfindlichen Gründen von 1999-2000 wohnte, eineMaus entdeckte, wie sie an der Wand entlang huschte und hinter dem Bett verschwand, bin ich tasächlich, komplett gänsehautisiert, auf einen Stuhl gesprungen und habe gekrischen wie Daisy Duck. Nächsten Tag habe ich mir eine Falle gekauft. Aber nicht eine, wo die Maus zerquetscht wird. Ich legte also ein Stück Käse, so hätte es Daisy Duck auch gemacht, in die Falle und wartete ab.

Irgendwann fiel ich in einen nervösen Schlaf und träumte davon, wie ich mit dem Kanu den Yukon runterpaddelte und vom Ufer aus einen Bär sah, der, als er mich entdeckte, einem anderen Bär seinen Hut und den Lachs gab, den er gerade verspeiste und ins Wasser sprang und in meine Richtung schwamm. Ach Du grüne Neune, dachte ich und paddelte mir einen ab und dem Bär zu entkommen. Aber der Bär holte mich ein und kletterte in mein Kanu. „Fahr einfach weiter und dreh Dich nicht um,“ sagte der Bär und ich tat wie mir geheißen, denn ich fürchtete mich vor dem Bären. „Weg, ich will nur weg hier. Das ist alles ganz schön hier und die Leute sind ja auch irgendwie ok, aber hier leben, nein Danke. So, Freundchen und nun fahren wir nach Russian Mission und dort gehe ich von Bord. Dort wohnt ein Cousin von mir, er wird mir Unterschlupf gewähren. Leider hat er kein Telefon, sonst hätte ich mich angekündigt.“ „Aber ich wollte doch nur nach Nulato.“ merkte ich an und „Haben Bären überhaupt Telefone? Das wage ich doch zu bezweifeln. Bären sind doch … äh … Bären.“ „Höre ich da den überheblichen Unterton der Menschheit gegenüber den Tieren, die Euch doch so vorzüglich schmecken. Na, an!“ „Ich esse keine Tiere mehr!“ hörte ich mich sagen, als der Bär ein tropfendes mobiles Endgerät aus seinem Fell zog. „Es ist kaputt. Dabei ist es doch fast neu.“ heulte der Bär. Wir sind hier in Whitehorse, bis nach Russian Mission sind es 1500 Kilometer über den Daumen gepeilt. Wie soll ich das dem Bären denn erklären. Ich betrachtete den Bären, er vergrub sein Bärengesicht in seinen Tatzen. Jetzt tat er mir leid. „Ach, Bär, weine doch nicht. White Russian ist bestimmt super. Da fahren wir hin.“ „White Russian ist ein Cocktail. Wir wollen nach aber nach Russian Mission. Ich bin doch ein Bär. Russland, Bär, verstehste?“ „Aber Russian Mission liegt doch in Alaska, nicht in Russland.“ Der Bär schaute mich verblüfft an. Eventuell hat er schon lange keine Zeitung mehr gelesen und weiß nicht, dass Russland Alaska 1867 an die USA verkauft hatte. „Ich weiß, ich weiß, aber man wird doch noch träumen dürfen.“

Als ich erwachte, war die Falle leer und genau in diesem Moment fiel mir das Sprichwort „Mit Speck fängt man Mäuse“ ein. In der kommenden Nacht machte es „Klack“. Ich stand auf und zog die Falle mit dem Besen hervor, dann hob ich die Maus samt Falle in eine Tüte und betrachtete das Tier. Ich hatte schon deutlich mehr Angst vor der Maus, als sie vor mir. Das war klar. So hat es die Evolution vorgesehen. Man soll eine Maus mindestens 150 Kilometer vom Ort, wo man sie gefangen hat, aussetzen, damit sie nicht zurückfindet. Ich schlief wieder ein. Am nächsten Morgen fuhr ich mit Fahrrad nach Würzburg und ließ dort die Maus frei. Danach kaufte ich mir einen Döner und trank dazu eine schöne Dose Coca Cola. Als ich die Cola ausgetrunken hatte, rülpste ich die Titelmelodie von „Dalli Dalli“ und fuhr heim.

Das war 1999. Heute, 21 Jahre später sitze ich im Pfauenhäuschen, tippe das hier und schaue mir das seltsame Leben von Joe Exotic an. Mit Katzen fühle ich mich emotional nicht verbunden. Was nicht ist, kann ja noch werden. Ich bin müde. Und es ist kalt.

05.03.2020 / 21:55 Uhr

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